Ein Apell an alle, aber vor allem an diejenigen, die es „120%ig machen wollen“ und/oder für Heranwachsende (mit)kochen: Vegan und zuckerfrei ist schon too much!
Schlanke Menschen/Kinder sind nur so lange gesund, wie sie dann nicht auch noch krank werden (Magen-Darm oder was auch immer) oder absichtlich versuchen, noch schlanker zu werden – denn dann ist der Weg in eine Essstörung nur noch ein „Katzensprung“ (von teils nur wenigen Wochen!!) – und das kann tödlich verlaufen (10-15% Mortalität!), chronisch werden oder einen jahrelangen, teils jahrzehntelangen Kampf bedeuten.
Dabei sind Essstörungen nicht nur für schlanke Menschen gefährlich, sondern sind völlig unabhängig vom Gewicht des Menschen: Die Minnesota-Studie hat gezeigt, dass körperlich und psychisch vollkommen gesunde Menschen nach einer Weile des Kaloriendefizits beginnen, ihren Körper abzulehnen und sich dies zunehmen verstärkt.
Jedenfalls:
Ich war am Anfang auch ein „Hardcore-Veganer“, wollte alles 120%ig machen und jeden überzeugen. Auch „zuckerfrei“ fand ich eine Weile für mich supertoll und gehöre (gehörte?) auch zu den Eltern, die Süßigkeiten limitiert haben, natürlich in bester Absicht.
Inzwischen denke ich: Jeder, aber ganz besonders Heranwachsende sollten aus der gesamten Palette des Nahrungsangebots FREI wählen dürfen. Ohne Restriktionen. Ohne Gewissensbisse! Dasselbe gilt auch für Kranke bzw. Menschen nach einer Krankheit, Schwangere, Stillende und wie gesagt: generell für alle Menschen. Das gilt für Fast Food, für Zucker, für Nichtveganes und sogar oder vielleicht gerade für Fleisch.
Esst nach Appetit! „So gut wie möglich“ ist gut genug! Auch „ungesund“ und sogar „nicht tierleidfrei“ gehört dazu. Das Wichtigste ist, auf seinen Körper und dessen Impulse zu hören – ohne sie erst durch einen „Darf ich? Sollte ich?“-Filter zu schicken. Denn wie kann es ethisch sein, sich nicht gut um sich selbst (oder seine eigenen Kinder) zu kümmern??
Bei mir ist es so, dass ich mich weitestgehend vegan ernähren kann und inzwischen wenige Male im Jahr Fisch oder Eier esse. Mein Blutbild zeigt (auch schon aus der rein veganen Zeit), dass das für mich selbst sehr gut funktioniert. (Da Kochen und Essen meine Leidenschaft ist UND ich in der glücklichen Situation bin, dass ich nach Appetit und ohne festes Budget Lebensmittel einkaufen kann, denke ich, dass das nicht automatisch für jeden anderen ebenfalls funktionieren muss!)
Ich denke aber, dass mein soziales Leben sehr viel einfacher wäre, wenn ich bei Einladungen, auf Reisen etc. zumindest vegetarisch mitessen könnte. Der Stress, den die Vegan-Restriktion teils bei allen Beteiligten verursacht, mag in vielen Fällen für den Körper höher sein als einfach mal eine Ausnahme zu machen, damit es harmonischer zugeht – vorausgesetzt natürlich, man hat auch Appetit drauf! (natürlich nicht gegen den eigenen Körper und aus reiner Höflichkeit.)
Nun zu den Kindern:
Meine Kinder planen das Essen nicht, kennen weniger Nahrungsmittel, mögen manches nicht, das ich koche. Sie kaufen nicht ein – wie soll sichergestellt sein, dass sie alle Nährstoffe bekommen, die ihr Körper zu einem bestimmten Zeitpunkt in einer bestimmten Menge benötigt, wenn ich vegan, saisonal, bio, zuckerfrei usw. koche und dann auch noch das, was mein Körper mag und braucht? Klar können sie sich auch Essen wünschen – aber sie kennen ja nur das, was ich bisher gekocht habe und somit nur einen kleinen Ausschnitt des Möglichen.
Sie leben insgesamt pesco-vegetarisch, aber mit relativ hohem Vegan-Anteil (das, was ich koche, ist natürlich vegan), und ich bin inzwischen froh, dass sie mindestens einmal die Woche, teils mehrfach, in der Schulmensa essen. Ich ermutige sie inzwischen auch, das Fleischgericht zu wählen, wenn sie Lust drauf haben. Meine Tochter tut es, mein Sohn noch nicht, aber er war auch erst 2 1/2, als ich selbst vegan wurde UND die Pubertät geht grad erst los.
Jedenfalls: Zucker ist nicht per se schlecht. Die Dosis macht das Gift, wie bei allem.
Restriktionen sind viel gefährlicher als Zucker in vernünftiger Menge und – wenn der Körper es verlangt – Ausnahmen von vegan und vegetarisch.
Wie schrieb mir gestern eine Bekannte, die auf einer Station für Essstörungen arbeitet: „Ein Kind, das an Anorexie stirbt, kann keine Diabetes mehr bekommen.“